PM: Rocket Internet kündigt Mieter inmitten der Corona-Krise
Pressemitteilung zur Kündigung von Mieter*innen in der Urbanstr. 67 durch Rocket Internet 

Rocket Internet kündigt Mieter inmitten der Corona-Krise

Berlin, 20.03.2020: Während in Berlin über Ausgangssperren und weitere drastische Maßnahmen bezüglich der Corona-Krise diskutiert wird, kündigte das börsennotierte Unternehmen Rocket Internet mit Sitz in Berlin weiteren Mieter*innen der Urbanstr. 67 in Berlin-Kreuzberg gestern per Boten. Erst im Herbst hatte der Konzern die Immobilie unter Protest der Mieter*innen gekauft.  

„Uns fehlen die Worte – während ganz Deutschland neue Formen der gegenseitigen Solidarität erfährt, während die Kanzlerin zu einem neuen Miteinander aufruft und an die Verantwortung von uns allen appelliert, versucht Rocket Internet die Corona-Krise gewinnbringend auszuschlachten und die fehlende mediale Aufmerksamkeit dazu zu nutzen, um Fakten zu schaffen“, erklärt Marion G. von der Hausgemeinschaft der Urbanstr. 67 zur Kündigung. „Während Rocket Internet und der CEO Oliver Samwer bisher stets öffentlich beteuerten, um sozial verträgliche Lösungen für die Mieter*innen der Urbanstr. 67 bemüht zu sein, kann man die Kündigungen in einer solchen Krisensituation, wie wir sie momentan durchlaufen, nur als absolut verantwortungslos, unsozial und inhuman bezeichnen“, so Marion weiter. 

In der ehemaligen Fabrik in der Urbanstr. 67 besteht seit Jahrzehnten eine klassische „Kreuzberger Mischung“ aus Wohnparteien und Gewerbetreibenden. Die Mieter*innen des Hauses unterstützen sich gegenseitig auch in der Corona-Krise – so gehen jüngere beispielsweise für ältere Bewohner*innen einkaufen. 

Einer der Gekündigten ist Michael B., der seit über 17 Jahren in seinem Studio an der Urbanstraße wohnt und arbeitet. Als selbstständiger Grafik-Designer brechen auch für ihn durch die Corona-Krise bereits jetzt wichtige Aufträge weg und es ist total ungewiss, wann sich die Auftragslage in der Kreativ-Branche wieder normalisieren wird. „Während die Politik verspricht, uns Selbstständigen auf Grund von Corona zu helfen, nimmt mir Rocket Internet die Planungssicherheit und zwingt mich mitten in der sozialen Isolation dazu, mir ein neues Studio zu suchen“, so Michael. Der Konzern hat ihm zum 31.07. gekündigt, mit einer Gnadenfrist von weiteren 5 Monaten.

Die Hausgemeinschaft fordert Rocket Internet auf, sofort die Kündigungen der Mieter*innen zurückzunehmen und nach Abklingen der Corona-Krise einen Runden Tisch mit dem Bezirk und den Mieter*innen des Hauses einzurichten, um gemeinsame Lösungen zu suchen. 

Pressekontakt: urban67@posteo.de 

Hintergrund
Im April letzten Jahres wurden die Häuser in der Urbanstraße 67 in Kreuzberg an die GRC Germany 1 GmbH verkauft, eine 100%ige Tochterfirma des Start-Up-Inkubators Rocket Internet SE. Die Menschen, die in den Häusern wohnen oder arbeiten, schlossen sich damals zusammen um diesen Kauf zu verhindern und stattdessen in Form einer Genossenschaft oder der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft in kollektiven oder kommunalen Besitz zu überführen. Die Bemühungen der Hausgemeinschaft und ihrer Unterstützer*innen sind im Oktober 2019 nach monatelangen Ungewissheiten doch gescheitert. „Die rechtlichen Möglichkeiten und die politische Konstellation unterstützen es bislang nicht ausreichend, die sogenannte Berliner Mischung aus Wohnen und Gewerbe zu erhalten“, stellten die aktiven Bewohner*innen fest. 
Dabei mache es der Gewerbeanteil besonders attraktiv für Investoren, solche Objekte zu kaufen. Denn hier greift der Milieuschutz nicht – weder wirkt ein „Deckel“ - wie bei der Wohnmiete - horrenden Mietsteigerungen entgegen, noch gibt es einen wirksamen Kündigungsschutz.

Bereits Ende letzten Jahres wurde die Autowerkstatt, die im Erdgeschoss des Fabrikgebäudes im Hinterhof der Urbanstr. 67 seit Jahrzehnten im Betrieb ist, als erste Mietpartei gekündigt. Durch beauftragte Subunternehmen versucht Rocket Internet seit einigen Wochen in Einzelgesprächen, Bewohner*innen mit fragwürdigen und ausschließlich mündlichen Angeboten zu verunsichern, gemeinsames Handeln zu verhindern und Bewohner*innen gegeneinander auszuspielen. So kommunizierte die neue Hausverwaltung teilweise offen gegenüber einzelnen Mieter*innen, dass das Haus – trotz der zum Teil bis Ende 2023 gültigen vorhandenen Verträge – bis zum Ende des Jahres 2020 leergezogen werden soll.


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  Vorkauf zurückgezogen! Rocket Internet kauft die Urbanstraße 67!
  • Der Vorkauf wurde am 2.10.2019 vom Bezirk zurückgezogen.
  • Die Urbanstraße 67 wurde von Rocket Internet gekauft.
  • Seit dem 1.11.2019 gibt es eine neue Hausverwaltung Von Rüden GmbH.
  • Zur Zeit laufen Aufmessungsarbeiten im gesamten spekulationsattraktiven Fabrikgebäude.

Stellungnahme

Nachdem Presse und politische AkteurInnen zum gescheiterten Vorkauf unseres Hauses berichtet haben, wollen nun auch wir unsere Perspektive zu den Geschehnissen der letzten Monate schildern.

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  Vorkauf gezogen!

Schritt eins ist geschafft – der Bezirk hat sein Vorkaufsrecht ausgeübt! Die erfreuliche Nachricht wurde bei der Kundgebung am 3. Juli 2019 vor Rocket Internet Zentrale im ehemaligen GSW-Gebäude in der Charlottenstraße vom Stadtrat Florian Schmidt verkündet. Die B.Z. titelte voreilig: Die Bewohner schreien vor Glück! Doch so einfach ist die Lage leider nicht. Nach wie vor gilt es, den Preis zu stemmen, den Brüder Samwer in Ermangelung an Ideen, was sie mit ihrem Kapital anstellen wollen, festgelegt haben.

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  Terminänderung! Kundgebung am 3. Juli 2019

Nächste Woche Mittwoch von 17 bis 18 Uhr laden wir euch alle ein, am Rocket Tower in der Charlottenstraße nochmal lautstark auf die soziale Verantwortung hinzuweisen, die für alle gilt, die ins Immobiliengeschäft einsteigen oder dort tätig sind. Kiezstrukturen erhalten! Wir bleiben alle! Wir lassen uns nicht verdrängen!

Mehr Infos folgen.



  Hofkino 21. Juni 2019

Das erste Openair-Kino mit Industrieflair startete am letzten Freitag im 2. Hinterhof in der Urban 67. Thematisch passend zeigten wir empowernde Kurzfilme von Berliner Jugendlichen zum Thema Gentrifizierung, eine Kurzdoku über das bedrohte Kneipenkollektiv Syndikat in Neukölln und den Film Betongold über ganz ähnliche Probleme im Jahr 2013. Mit Popcorn, Bier und Limo. Auf der Rampe unserer Autowerkstatt sitzt es sich wunderbar, der Blick streift über Mauerwerk und Bäume, im Rücken unsere bezaubernden Fabrikfassade… Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein!

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  Hoffest, 1. Juni 2019

Am 01. Juni endete die Demo gegen Verdrängung der Mieter*innen aus der Herrfurthstraße, der Donaustraße und der Urbanstraße vor unserem Haus. Wie gut, dass wir genau an diesem Tag ein Hoffest gefeiert haben! So konnten wir zusammen mit mehreren hundert Freund*innen, Nachbar*innen und anderen kämpfenden Mieter*innen demonstrieren und dann feiern, mit Musik, Spielen, Hotdogs und Drinks.

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  URBAN67BLEIBT

Die Veränderungen im Kiez zeigen sich auch in unserem Haus: Wir wohnen unterschiedlich lang und aus verschiedenen Gründen hier. Wir wollen, dass wir alle hier bleiben können!